Ethische Argumente aus drei meta-ethischen Blickwinkeln
- Libertäre Argumente: Es gibt ein natürliches Recht auf Freizügigkeit. Es ist ethisch unzulässig, dieses Recht zu beschränken, außer wenn es eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit gibt, daß es zu sehr schlechten Folgen führen würde.
- Utilitaristische Argumente: Freizügigkeit würde das Bruttosozialprodukt der Welt um 50% bis 150% erhöhen, wobei der Großteil der Gewinne denen zukommen würde, die gegenwärtig zu den Ärmsten in der Welt gehören.
- Egalitäre Argumente: Freizügigkeit würde die absolut Armut dramatisch verringern, die Menschheit dem Ziel der Chancengleichheit näher bringen und die globale Apartheid beenden. Siehe hierzu auch: John Rawls‘ Argumentation für offene Grenzen.
Ethische Argumente aus gemischten und praktischen Blickwinkeln
- Argument aus dem Blickwinkel des Bleeding-Heart-Libertarismus, der libertäre Argumente mit einem wenig Utilitarismus und Egalitarismus verbindet.
- Konservative Argumente und Argumente von Vertretern eines kleinen Staates, die eine skeptische Haltung gegenüber einem Staat einnehmen, der mit Micromanagement kontrollieren will, wer einwandern darf.
- Argumente auf der Basis des Befähigungsansatzes (Human Capabilities), die für offene Grenzen innerhalb dieses Rahmens argumentieren, der von Amartya Sen und Martha Nussbaum entwickelt wurde.
Verallgemeinte universalistische Argumente
In einem Blogpost für Open Border: The Case mit dem Titel A Meta-Ethics to Keep in Your Back Pocket argumentiert Nathan Smith für offene Grenzen aus dem Blickwinkel einer verallgemeinerten und minimalistischen universalistischen Meta-Ethik.
Bestätigungsfehler? Wie können die libertären, utilitarischen und egalitären Argumente alle gleichzeitig in dieselbe Richtung gehen?
Skeptiker würden vielleicht schnell darauf verweisen, daß es ja sehr bequem ist, daß die Argumente aus drei völlig unterschiedlichen ethischen Richtungen (libertäre Naturrechtsargumente, utilitaristischer Konsequentialismus und Egalitarismus) alle zu ähnlichen Schlußfolgerungen führen. Sie könnten den Verdacht haben, daß dies ein Beispiel für Bestätigungsfehler ist. Schließlich ergeben die drei philosophischen Richtungen bei allen alltäglichen Debatten unterschiedliche Folgerungen. Wie kann es zu einer solchen Übereinstimmung kommen?
Die Antwort ist wie folgt: Ja, bei marginalen Veränderungen gibt es interessante Fälle, wo diese verschiedenen philosophishcen Richtungen unterschiedliche Antworten geben. Die meisten alltäglichen Debatten drehen sich solche marginalen Veränderungen. Außerdem sind interessante philosophische Dilemmas und hypothetische Fälle, wie etwa das Trolley Problem, so ausgewählt, daß sie die verschiedenen ethischen Ansätze gegeneinander stellen.
Aber wenn es um massive Verletzungen er Freiheit geht, ist es ziemlich wahrscheinlich, daß diese sowohl auf einer utilitaristischen als auch einer egalitären Perspektive als schlecht erscheinen. Beschränkungen der Freizügigkeit sind eine massive Verletzung der Freiheit (siehe: Libertäre Argumente) sowohl prinzipiell als auch dem Ausmaß nach — eine große Anzahl von Menschen, die in ein anderes Land ziehen möchten, werden daran durch eine restriktive Einwanderungspolitik gehindert. Eine andere Art, dies auszudrücken, ist es, daß Beschränkungen für Einwanderung eine massive Hürde für den Bewegung von Arbeit sind, die eine Prämie für den Ort (Place Premium) schaffen und die Konvergenz der Arbeitmärkte verhindern. Wie neoklassische Ökonomen anmerken würden, haben massive (im Gegensatz zu moderaten) Eingriffe in Märkte fast immer schlechte Folgen sowohl dem Nutzen nach als bei der Gleichheit und Fairness.
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