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Milton Friedman und Einwanderung – schon wieder

Unter diesem Titel entwickelt Don Boudreaux beim Cafe Hayek ein interessantes Argument. Ausgangspunkt ist der viel zitierte Ausspruch von Milton Friedman, daß man offene Grenzen oder einen Wohlfahrtsstaat haben kann, aber nicht beides. Friedmans Grundannahme ist dabei wohl, daß ein Staat, der ohne Beschränkungen Wohltaten austeilt, so viele Einwanderer anlocken würde, daß er ab einem gewissen Punkt entweder weitere Einwanderer abweisen muß oder an den Anforderungen zugrundegeht. Manche leiten daraus her, daß es offene Grenzen erst nach Abschaffung des Wohlfahrtsstaates geben kann, und man bis dahin die Grenzen dichthalten sollte. Wie ich von jemandem erfahren habe, der mit David Friedman, dem Sohn von Milton Friedman, korrespondiert hat, war dies vielleicht nicht die Auffassung von Milton Friedman, auch wenn dessen Meinung unklar bleibt.

Was ist zu der Behauptung zu sagen?

Wenn ich das Argument richtig wiedergegeben habe, dann hat dieses per se gar nichts mit Einwanderung zu tun. Versucht ein Staat so hohe Leistungen zu verteilen, daß diese weit höher als Einkommen aus Arbeit ausfallen, dann gilt der obige Einwand ja auch für Inländer. Um es auf die Spitze zu treiben: Wenn der deutsche Staat jedem ein Einkommen von einer Million Euro im Jahr garantieren würde, dann würde wohl die Mehrheit der Bevölkerung ihre Arbeit aufgeben und eine solche Leistung beziehen wollen. Womit dann aber nicht mehr diejenigen da wären, die das finanzieren sollten, und das Kartenhaus zusammenbrechen würde. Und umgekehrt: würde der deutsche Staat ein Einkommen von 100 Euro im Jahr garantieren, gäbe es wohl keine Finanzierungsprobleme, und ein solcher Wohlfahrtsstaat könnte ewig bestehen, ob mit oder ohne offene Grenzen. Selbst für die Ärmsten in der Welt würde sich nämlich eine Wanderung deshalb kaum lohnen. Mit anderen Worten: es handelt sich um keine prinzipielle Frage, sondern um eine Frage, wie hoch die Leistungen eines Wohlfahrtsstaates ausfallen und wie attraktiv sie im Vergleich zu Einkommen aus Arbeit sind.

Tatsächliche Wohlfahrtsstaaten halten hier, unabhängig von großen Deklarationen über Menschenrechte, auch einfach die Waage und gestalten ihre Leistungen so aus, daß eben nicht so viele diese beziehen wollen, daß sich das nicht finanzieren läßt. Entgegen anderslautenden Vermutungen ist es für die meisten keine attraktive Alternative, ihre Arbeit aufzugeben und sich stattdessen über Hartz IV finanzieren zu lassen. Bei offenen Grenzen würden in einem reichen Land nun allerdings vielleicht viele hinzutreten, die sehr wenig mit ihrer Arbeit verdienen können. Ihnen würden staatliche Leistungen möglicherweise als attraktive Alternative vorkommen.

Für einen Wohlfahrtsstaat würden sich dann aber folgende Möglichkeiten ergeben: (1) mehr Mittel heranzuschaffen, um die bisherigen Leistungen aufrechtzuerhalten, (2) die Leistungen allgemein abzusenken, (3) die Leistungen differentiell für Einwanderer abzusenken oder (4) eine Kombination aus diesen drei Möglichkeiten, z. B. mehr Mittel, geringere Leistungen im Allgemeinen und differentiell niedrigere Leistungen für Einwanderer. Geschlossene Grenzen sind hierbei eine extreme Form von Variante (3), wobei man die Menschen, die Leistungen beziehen könnten, nicht nur von diesen, sondern gleich vom Zugang zum Land ausschließt. In jedem dieser Fälle könnte der Wohlfahrtsstaat weiter bestehenbleiben, im Widerspruch zu Milton Friedmans pauschaler Aussage. Am ehesten läßt sich diese wohl retten, wenn man sie als allgemeinen Hinweis versteht, daß sich die Ausgestaltung eines Wohlfahrtsstaates bei offenen Grenzen ändern könnte. Unter den aktuellen Umständen ist dies vielleicht gar nicht mal der Fall, weil Wohlfahrtsstaaten zumeist so ausgerichtet sind, daß sie von (ärmeren) Jungen zu (reicheren) Alten umverteilen. Insofern Einwanderer eher jünger sind, zahlen sie hier netto ein, sodaß praktisch alle OECD-Staaten an ihnen Überschüsse einnehmen.

Nun aber zum Argument von Don Boudreaux. Was wäre nun das Problem mit einem Wohlfahrtsstaat bei offenen Grenzen? Je größer der Anteil an Leistungbeziehern wäre (nicht die Anzahl, solange ihnen entsprechend eingewanderte Einzahler gegenüberstehen!), desto höher müßten die Mittel sein, die aufgebracht werden müssen über Steuern und Abgaben (oder zeitweise über Staatsschulden) oder desto niedriger müßten die Leistungen sein oder eine Kombination aus beidem. Für Kritiker eines Wohlfahrtsstaates, wenigstens eines weitgehenden, wie Milton Friedman wohl einer war, sollten geringere Leistungen eher nicht das Problem sein, sondern höhere Steuern, Abgaben und Staatsschulden. Sein Argument läuft damit darauf hinaus, daß man die Grenzen geschlossen halten sollte (oder doch weitgehend so), damit der Staat dies nicht zum Vorwand nimmt, die Steuern anzuheben.

Doch Milton Friedman hat eine solche Position bei anderen Fragen überhaupt nicht vertreten. So trat er etwa für die Legalisierung von Drogen ein. Aber eine solche Legalisierung könnte ja auch zu mehr Leistungsbeziehern führen, die Druck auf das Niveau der Leistungen oder ihre Finanzierung ausüben. Und das könnte ein Staat als Vorwand für Steuererhöhungen nehmen, womit genauso folgen sollte, daß eine Drogenfreigabe erst nach Abschaffung des Wohlfahrtsstaates denkbar ist. Eine solche Qualifikation seiner Position hat Milton Friedman jedoch nie ins Spiel gebracht. Und damit nicht genug. Milton Friedman hätte sich für jeden Protektionismus in die Bresche werfen müssen, der Arbeitsplätze in einer Branche vor ausländischer Konkurrenz schützt. Denn bei Freihandel würden die betreffenden Beschäftigten ihre Arbeit verlieren und auf den Wohlfahrtsstaat zurückgreifen, womit sich ein Vorwand für Steuererhöhungen ergeben könnte. Auch hier: Freihandel, erst wenn der Wohlfahrtsstaat weg ist! Praktisch jede Art von Bevormundung, etwa von Studenten die Fächer wie “Dance Criticism” studieren möchten ohne Aussichten auf eine Beschäftigung, wäre gerechtfertigt, solange es einen Wohlfahrtsstaat gibt. Usw. Etc.

Don Boudreaux faßt den Fehler in der Argumentation gegen offene Grenzen bei einem Wohlfahrtsstaat schließlich in den Worten zusammen:

“Ich habe nie die Logik verstanden, die zu dem Schluß führt, daß der illegitime Wohlfahrtsstaat die ansonsten illegitime, vom Staat ausgeübte Macht, in die Bewegungsfreiheit und Assoziationsfreiheit (also: offene Einwanderung) einzugreifen, in eine legitime Macht verwandelt.”

Helfen geschlossene Grenzen gegen korrupte und diktatorische Regime?

Ein Einwand gegen offene Grenzen lautet etwa so: Wenn in einem Land etwas schiefläuft, dann ist es die Pflicht der dortigen Bürger, dies zu korrigieren. Bei offenen Grenzen könnten sie dieser Pflicht aber ausweichen. Damit wird Druck von den Machthabern genommen, etwas zu ändern. Und das ist zum Schaden derjenigen, die im Land bleiben. Geschlossene Grenzen sind von daher wünschenswert, weil sie den Druck erhalten und so letztlich zu einer Verbesserung der Lage führen.

An einem solchen Argument ist einiges falsch. In dem Artikel „Sollten Auswanderer zuerst die Probleme in ihrem Land lösen?“, einer Übersetzung eines Blogposts von Bryan Caplan, haben wir beleuchtet, was für eine Zumutung eine solche Forderung an Menschen ist, die sich einer gefährlichen politischen Lage gegenübersehen. Auch die Metaphorik von „Druck erhalten“ oder „Druck nehmen“ verrät eine Auffassung von Menschen, deren Zweck es ist, wie Moleküle in einem Gas mal mehr, mal weniger zusammengepreßt zu werden, um irgendeine Maschine zu betreiben. Kants Diktum, daß man Menschen nicht nur als Mittel ansehen darf, scheint hier vergessen zu sein.

Doch ist überhaupt die Vermutung richtig, daß geschlossene Grenzen Wandel in korrupten, autoritären oder sogar totalitären Ländern herbei“drücken“ können? Grundsätzlich kann man dem Argument vielleicht eine gewisse Plausibilität zugestehen. Denkbar ist das. Doch wenn man sich ein paar historische Beispiele anschaut, dann offenbart sich, wie lachhaft eine solche Behauptung ist, wenn sie pauschal und ohne Qualifikation aufgestellt wird.

Wie wäre denn etwa die Analyse zu werten, daß Juden, die vor den Nationalsozialisten flüchten mußten, besser zuhause geblieben wären, weil das zu einer schnelleren Änderung des Systems geführt hätte? Hätten die Norweger Willy Brandt nach Deutschland zurückschicken sollen, um so den Druck auf die Nationalsozialisten hochzuhalten? War es sogar eine Schädigung der anderen Deutschen, Flüchtlinge aufzunehmen?

Auch ein anderer Teil der deutschen Geschichte läßt Zweifel aufkommen, wie schlüssig das physikalische Argument für gesellschaftliche Veränderung ist. Konsequent durchdacht hätte in diesem Sinne nicht die DDR ihre Grenzen dichtmachen sollen, sondern die Bundesrepublik zum Guten der dortigen Bevölkerung. Daß es umgekehrt kam, zeigt bereits, daß die DDR-Führung sich vom Mauerbau 1961 keineswegs eine Erhöhung des Drucks im Innern, sondern eine bessere Kontrolle versprach. Ohne die Perspektive, mit den Füßen gegen das Regime abstimmen zu können, hatte der Arbeiterbonzenstaat viel weniger zu befürchten, weil seine Untertanen ihm auf Gedeih und Verderb ausgeliefert waren. Gerade die Phase nach dem Mauerbau stellte sich deshalb, wie gewünscht, als Stabilisierung des Regimes heraus.

Es ist auch instruktiv zu betrachten, wann das Regime in der DDR unter besonderem Druck stand. Als die Menschen 1953 am 17. Juni auf die Straßen gingen, um gegen die Politik der Regierung zu protestieren, Freiheit und ehrliche Wahlen zu fordern, da hatten sie die Alternative, wenn es zu schlimm würde, in den Westen zu fliehen. Wäre es mitfühlend und hilfreich gewesen, sie daran von der westlichen Seite zu hindern? Wohl kaum. Gerade weil die Möglichkeit bestand, sich dem Regime zu entziehen, wurde ein Protest leichter. Wie die Ereignisse der Zeit zeigten, konnten nur die sowjetischen Panzer die DDR noch zusammenhalten.

Und auch der Niedergang der DDR hatte etwas mit Grenzen und ihrer Durchlässigkeit zu tun. Die Öffnung der Mauer am 9. November 1989, ja schon die Öffnung der ungarischen Grenzen früher im Jahr, war das Todesurteil für das realsozialistische Regime. In ihren letzten Jahren hatten die Oberen der DDR bereits mit einem vermeintlichen Schachzug versucht, sich ihrer Opposition durch leichtere Ausreise zu entledigen. Allerdings hatte das die weniger geplante Folge, daß Opposition ab da nicht mehr mit der völlig hoffnungslosen Perspektive einherging, den Rest seines Lebens in einem DDR-Gefängnis zu verbringen. Wiewohl die humanitären Freikäufe durch die Bundesrepublik den Nachteil hatten, einem bankrotten Regime Mittel durch dessen Menschenhandel zuzuführen, hätte man sie nicht geschickter einrichten können, um den Druck auf die Opposition in der DDR zu vermindern. Netto erwies sich der große Wurf für die DDR-Führung als der mit einem Bumerang.

Ich kann mir durchaus vorstellen, daß es auch Situationen geben kann, in denen die „Druck-Theorie“ durch geschlossene Grenzen funktionieren könnte, mal abgesehen von dem zynischen Umgang mit den Beteiligten. Allerdings tue ich mich schwer, dafür ähnliche Beispiele wie die, die ich angeführt habe, zu finden. Mir erscheint es eher so, als wenn offene Grenzen und die damit verbundene Möglichkeit, mit den Füßen abzustimmen, eine viel größere Bedrohung für korrupte und diktatorische Regime sind als eine eingesperrte Bevölkerung, die ihnen nicht ausweichen kann.

Als Vertreter von offenen Grenzen sollte man deshalb nicht über Bord gehen. Auch größere Freizügigkeit ist kein Wundermittel, wie etwa das Beispiel Kuba zeigt, das sich seiner Opposition relativ erfolgreich durch Ausreise entledigen konnte. Aber ein guter Grund für geschlossene Grenzen ist es deshalb noch lange nicht, darauf zu verweisen, daß auch offene Grenzen ein schädliches Regime nicht in jedem Fall beseitigen können. Wer mit der Erhaltung von Druck für geschlossene Grenzen wirbt, der sollte sich wenigstens die Mühe machen, einmal zu begründen, wieso er sich davon so viel verspricht. Wo sind hier die schlagenden Beispiele? Warum muß man mit einer Destabilisierung und nicht einer Stabilisierung der betreffenden Staaten rechnen? Und hat man selbst dann das Recht, Menschen zwangsweise in ein Land zu pressen oder dort eingepreßt zu halten?

Haben offene Grenzen die Weltgeschichte verändert?

Spielen wir einmal ein alternatives Szenario durch: Angenommen, jegliche Einwanderung von Deutschen nach Amerika wäre von Anfang an unterbunden worden. Grenzschützer hätten dafür eine Menge an Argumenten auf ihrer Seite gehabt: Deutschland war eine Brutstätte für allerlei kollektivistische Ideologien, die der amerikanischen Freiheit feindselig gesonnen waren: rabiater Nationalismus, Antisemitismus, Kommunismus und Nationalsozialismus. Der IQ von deutschstämmigen Amerikanern ist bestenfalls durchschnittlich. Deutsche Einwanderer paßten sich nur langsam an und hielten an der deutschen Sprache fest. Und dann natürlich absonderliche Verhaltensweisen, etwa daß Minderjährige Bier trinken dürfen. Usw. Gehen wir nun ins Jahr 1940 zurück.

Die USA hatten damals eine Bevölkerung von 132 Millionen, Deutschland inklusive Österreich eine von 79 Millionen. Die amerikanische Bevölkerung war also 67% größer als die “Großdeutschlands”.

Heutzutage geben 17% der Amerikaner an, aus Deutschland zu stammen, wobei man sich wohl meist am Namen orientiert, der auch aus Österreich kommen könnte. Da es nur eine geringe Einwanderung aus Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg im Vergleich mit anderen Gruppen gab, sollte der Anteil 1940 eher höher gewesen sein. Nehmen wir also an, daß ein Viertel der amerikanischen Bevölkerung 1940 deutschstämmig war. Im alternativen Szenario würde die amerikanische Bevölkerung um 33 Millionen kleiner ausfallen, also nur noch 99 Millionen betragen. Fügen wir die 33 Millionen der deutschen Bevölkerung hinzu, so erhält man hingegen 112 Millionen. “Großdeutschland” hätte damit eine um 12% größere Bevölkerung als die USA gehabt. Das entspricht dem Eintritt einer  Großmacht von 66 Millionen in den Krieg auf der Seite der Achsenmächte.

Schlimmer: die drei Oberbefehlhaber der amerikanischen Teilstreitkräfte waren alle deutschstämmig. Natürlich nicht nur, sodaß es sie im alternativen Szenario vermutlich nicht gegeben hätte. Wenn doch, dann wäre General Eisenhower vielleicht eher Generalfeldmarschall Eisenhauer in der deutschen Armee gewesen. Genauso Chester Nimitz, nun als Generaladmiral Nimitz für die Marine, und Carl Andrew Spaatz für die Luftwaffe (als Generalfeldmarschall Karl Andreas Spatz, das zweite ‘a’ nahm er an, um die richtige Aussprache für Amerikaner klarzumachen, was in Deutschland unnötig gewesen wäre). Und mehr als eine Fußnote: William Patrick Hitler, der Halbneffe des Führers, hätte wohl auch kein Purple Heart für seinen Dienst in der amerikanischen Marine erhalten.

Es lohnt nicht, das alternative Szenario weiterzuspinnen und zu behaupten, die Achsenmächte hätten nun den Krieg gewonnen. Aber auch das Gegenteil zu argumentieren, scheint nicht ganz einfach zu sein. In einer Welt mit fest verschlossenen Grenzen für Bürger Deutschlands, Italiens und Japans müßte man auch noch Millionen deutscher Auswanderer und ihre Nachkommen aus dem britischen Weltreich, etwa Kanada, Australien und Neuseeland, zurückschicken. Und dasselbe für den nicht unbeträchtlichen Anteil italienischstämmiger Amerikaner.

Wie gut haben sich denn die grenzschützerischen Vorhersagen in der Wirklichkeit geschlagen? Eine fünfte Kolonne ins Land zu lassen, könnte ja desaströse Konsequenzen haben. Totales Ri-si-ko für die USA?

Nicht wirklich. Vorfälle von Verrat und Illoyalität waren eine verschwindene Ausnahme und die “Weihnachtserklärung der Männer und Frauen deutscher Abstammung” weitaus repräsentativer:

“[W]ir Amerikaner deutscher Abstammung erheben unsere Stimme und verurteilen die Politik Hitlers, kaltblütig die Juden Europas auszurotten, und gegen die barbarischen Taten der Nazis, die gegen unschuldige Völker unter ihrer Herrschaft begangen werden. Diese Greuel … sind besonders für jene wie uns eine Herausforderung, die wir selbst Nachkommen eines Deutschlands sind, das einst in der ersten Reihe der Zivilisation stand … [W]ir verwerfen jeden Gedanken und jede Tat Hitlers und seiner Nazis … [und rufen Deutschland auf,] ein Regime zu stürzen, das die Schande der deutschen Geschichte ist.”

Moral: Man kann auf Einwanderer als Menschen schauen, die vielleicht eine gewisse Loyalität ihrem alten Land und seiner Kultur gegenüber behalten. Wenn diese Kultur durch und durch kollektivistisch ist, wie es für Deutschland 1940 der Fall war, sieht das nicht gut aus. Die Anpassung mag langsam und unvollständig sein.

Doch das heißt, sich die Sache nur aus der begrenzten Perspektive eines einzelnen Landes anzuschauen. Sieht man sie sich auf globalem Niveau an, ist das Ergebnis anders. Sogar unvollständige Anpassung bedeutet, daß mehr Menschen weniger an ihren vorherigen Ansichten hängen, und es einige (und im Fall der deutschstämmigen Amerikaner sogar viele) gibt, auf die der Kollektivismus keinen Zugriff mehr hat. Offene Grenzen unterminieren den Kollektivismus.

Ist man also besorgt um die Freiheit der Welt auf lange Sicht, dann sollte man so viele Menschen wie möglich haben wollen, die nicht in kollektivistischen Gesellschaften festsitzen und durch totalitäre Staaten indoktriniert werden können, und so viele wie möglich, die der Freiheit ausgesetzt sind und eine Chance haben, ihre Meinungen in einer offenen Gesellschaft zu ändern.

Die Welt hat Glück gehabt, daß Freiheit und offene Grenzen für eine lange Zeit zusammengingen.

[Dies ist eine frei übersetzte und überarbeitete Version eines Artikels, der zuerst auf dem Blog Open Borders und dann dem Blog Freisinnige Zeitung erschienen ist.]