An die starken moralischen und praktischen Argumenten für offene Grenzen, die auf dieser Website zusammengetragen werden, lässt sich auch aus konservativer Sicht anknüpfen, bzw. aus der Sicht von Vertretern eines kleinen Staates (small government).
Der Terminus „konservativ“ wird hier nicht synonym mit liberal verwendet, sondern steht für einen Konservatismus im Sinne von Edmund Burke, der auf einer Abneigung gegen Machtkonzentration, Skepsis gegenüber radikalem Wandel, einer Bevorzugung von Marktmechanismen gegenüber staatlicher Bürokratie und Vorsicht bei der Veränderung althergebrachter Traditionen basiert.
Eigentlich liegen starke konservative Argumente gegen offene Grenzen auf der Hand: Die Ablehnung von radikalem Wandel, der durch einen solche Politik vielleicht forciert wird, und das Vorsorgeprinzip. Aber es gibt auch wichtige konservative Argumente für offene Grenzen:
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Die Skepsis gegenüber den kruden Mechanismen, derer sich Regierungen bedienen um Einwanderung zu begrenzen und Migranten zu selektieren, ist auch für Konservative nachvollziehbar. Diese Mechanismen basieren zum Beispiel auf starren Quoten – was im Gegensatz zu einer marktorientierten Herangehensweise wie Einwanderungstarifen steht – und bürokratischen Entscheidungen, anstatt sich dezentraler Prozesse zu bedienen die ermöglichen, dass einzelne Bürgerinnen und Bürger Menschen in ihr Land einladen und für sie bürgen können.
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Einige Konservative sorgen sich zu Recht darum, dass die Rechtsstaatlichkeit untergraben wird und Gesetzeshüter korrumpierbar werden, wenn die Migrationspolitik sich zu weit von den Bedürfnissen des Marktes entfernt (siehe hierzu: Legal und illegal in englischer Sprache zur Situation in den USA.). Auch wenn die genaue Zahl unbekannt ist, so gibt es hunderttausende „illegaler“ Migranten in Deutschland. Die meisten von ihnen arbeiten „schwarz“, ebenso wie viele Asylbewerber ohne Arbeitserlaubnis. Anstatt diese Realität zu verleugnen oder durch noch restriktivere Gesetze zu bekämpfen sollte nach Wegen gesucht werden, ihr einen rechtsstaatlichen Rahmen zu geben. Wer als Konservativer einem dominierenden Staat skeptisch gegenübersteht, der sollte sich dafür aussprechen, solche rechtsfreien Grauzonen einzudämmen, anstatt sich für eine strengere Umsetzung schlechter politischer Maßnahmen einzusetzen.
Trotz dieser Argumente ist die konservative Sichtweise eher mit einer vorsichtigen und graduellen Öffnung der Grenzen vereinbar und damit moderater als andere Ansätze.
Links und Literatur (englisch):
- Conservatism versus Restrictionism von Robert Gittelson für Immigration Daily.
- Conservatives and Immigration Control von Bart Frazier auf der Website der Future of Freedom Foundation.
- Immigration Restrictions Incentivize Corruption von Alex Nowrasteh für die Huffington Post.
- The Conservative Case for ImmigrationTariffs, eine Studie von Alex Nowrasteh für das Competitive Enterprise Institute.
- Twenty-Five Years After Reagan’s ‘Amnesty’ Bill, Conservatives Should Support Increased Immigration von Alex Nowrasteh auf Fox News.
- Immigration: What Would Reagan Do? von Peter Robinson für das Wall Street Journal.
- Where conservatives have it wrong von Jeff Jacoby für den Boston Globe.
- Conservatives and Immigration von Ilya Somin, April 26, 2012, für den Blog Volokh Conspiracy.
- The conservative case for liberal immigration von Andy Hallman.
[Übersetzung des englischen Originals: Conservative and small government case for open borders durch Hanna Dietrich, zuerst erschienen auf openborders.info.]