Am 20. Mai 1864, also vor fast genau 150 Jahren, erschien die folgende Karikatur im wöchentlichen Satireblatt “Hamburger Wespen”. Sie zeigt, wie Menschen sich bei offenen Grenzen aus Unterdrückung befreien können.
In jener Zeit sind für viele Deutsche die USA die große Hoffnung auf ein freies Leben. Aus Mecklenburg, bestehend aus den beiden verbundenen Herzogtümern Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz, wandern dabei besonders viele aus, weil das Land nicht nur sehr arm ist, sondern auch unter den besonders rückständigen Verhältnissen leidet. So dürfen Juden etwa, anders als sonst fast überall in Deutschland, noch bis 1867 kein Land erwerben, keine öffentlichen Ämter bekleiden und sind in gewissen Städten, wie etwa in Rostock und Wismar nur mit ausdrücklicher Erlaubnis zugelassen. Bis Ende des Kaiserreichs wird Mecklenburg auch keine Verfassung haben. Wie Bismarck später in einem ihm zugeschriebenen Wort scherzen wird:
Wenn die Welt untergeht, dann gehe ich nach Mecklenburg, denn dort geht sie fünfzig Jahre später unter.
Die “Hamburger Wespen” werden hauptsächlich von ihrem verantwortlichen Redakteur Julius Stettenheim gemacht, gegen den wegen seiner demokratischen Haltung ein Haftbefehl in Preußen läuft. Da Preußen auch auf die meisten anderen Staaten in Deutschland durchgreifen kann, aber nicht auf Hamburg, kann Julius Stettenheim bis zur Amnestie nach dem preußisch-österreichischen Krieg von 1866 seine Heimatstadt nicht verlassen. 1867 zieht er dann nach Berlin, benennt sein Blatt in “Berliner Wespen” um und macht es zu einer der führenden Satireschriften des Kaiserreichs mit einer politischen Ausrichtung, die der Deutschen Fortschrittspartei nahesteht.
Die “Hamburger Wespen” bringt 1864 in Rage, daß in Mecklenburg die Prügelstrafe “verbessert” wird. Diese war zwar 1802 abgeschafft, aber 1852 wieder eingeführt worden. Zum Verständnis der Karikatur muß man zudem noch wissen, daß es die Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs von 1861 bis 1865 ist. Mit der Emanzipations-Proklamation vom 22. September 1862, die per 1. Januar 1863 in Kraft tritt, ist die Sklaverei in den Südstaaten der USA für abgeschafft erklärt worden.
—
Lebensgeschichte eines Mecklenburgers.
In der Wiege.
—
In der Schule.
—
In der Lehre.
—
Der Manngewordene wird jetzt nicht mehr willkürlich,
sondern gesetzlich behandelt, aber sehr.
—
In Amerika endlich findet er bei seinen einstigen
Leidensgenossen die langersehnte Sicherheit.
—
[Dies ist eine Überarbeitung eines Artikels, der zuerst am 7. Mai 2013 auf dem Blog “Freisinnige Zeitung” erschienen ist.]