Diese Seite enthält Informationen über die ökonomischen Auswirkungen indischer Immigranten und deren Nachfahren in Uganda im 19. und 20. Jahrhundert, als auch über die Aufnahme und Wahrnehmung der „Inder“ sowohl durch die einheimische ugandische Bevölkerung (mehrheitlich Schwarze) und durch die Siedler europäischen Ursprungs (mehrheitlich Briten). Uganda erreichte die Unabhängigkeit von der ehemaligen britischen Herrschaft im Jahr 1962.
Inder in Uganda sind ein Beispiel für eine „marktdominierende Minderheit“ im Jargon von Amy Chuas World on Fire. Daher weist ein großer Anteil der Diskussion hier Parallelen zur allgemeinen Diskussion von marktdominierenden Minderheiten auf.
Referenzen
Unglücklicherweise ist wenig von dem hier zitierten Material online verfügbar, sowohl weil es historisch ist (vor Aufkommen des Internets) und weil es sich auf ein Land (Uganda) bezieht, für das detaillierte Datensätze nicht so einfach verfügbar sind. Die Hauptreferenzen sind die folgenden Bücher, mit variierenden Graden an Verfügbarkeit.
Sekundärliteratur (verhältnismäßig einfacher verfügbar, aber gekürzt)
- Migrations and Cultures von Thomas Sowell. Kapitel 7 des Buches trägt den Titel The Oversea Indians. Dort findet sich ein Ausschnitt über Uganda, der über die Seiten 317 – 323 verläuft.
- World on Fire von Amy Chua: Kapitel 4 deckt verschiedene marktdominierende Minderheiten für afrikanische Länder ab.
Primärquellen (schwieriger verfügbar, möglicherweise detaillierter)
- A History of the Asians in East Africa von J.S. Mangat.
- Indians in Africa von Haraprasad Chattopadhyaya.
- The Asians in East Africa von Aghenada Bharati
Ökonomische Auswirkungen: Die Geschichte der Marktdominanz
Ugandas Kolonialherrscher, die britische Regierung, rekrutierte anfänglich Inder um für den Bau von Eisenbahnlinien zu arbeiten. Zusätzlich zu den Schienenarbeitern immigrierten auch Ladenbesitzer und Händler nach Afrika, um die Arbeiter nach ihren Bedürfnissen zu versorgen. Einige von ihnen blieben zurück, nachdem die Schienen verlegt waren. Diese Ladeninhaber und ihre Nachkommen dominierten den Einzelhandel, die Baumwollproduktion und andere Industrien. Auf den Seiten 314-315 in Migration and Cultures schreibt Thomas Sowell bei der Diskussion über die Migration von Indien nach Ostafrika im Allgemeinen das folgende, was heutige Teilnehmer an der Debatte über Immigration womöglich an die etwas falsch formulierten Argumente Einwanderer erledigen Arbeit, die Einheimische nicht machen und Die Situation mit der Arbeit von Migranten im US-Agrarsektor erinnern mag.
Der Bau der ostafrikanischen Eisenbahnlinien begann im späten 19. Jahrhundert. Unter den schätzungsweise 16.000 Arbeitern, die an ihrem Bau beteiligt waren, waren 15.000 Inder, zumeist als „Kulis“ [Bezeichnung für ostasiatische Tagelöhner] angestellt. Sie waren jedoch teure Arbeitskräfte. Nicht bloß wurde ihnen mehr gezahlt als sie in Indien verdienten, auch ihre Überreise in beide Richtungen über den Indischen Ozean wurde ihnen bezahlt und ihre Rationen und medizinischen Ausgaben wurden von den Briten besorgt. Dass solche Kosten angefallen sind, ist ein Maß, wie viel wertvoller als lokal ansässige Afrikaner sie geschätzt wurden. Afrikaner, die ihr eigenes Land besaßen, von dem sie den Großteil ihres Auskommens bezogen, pflegten für kurze Zeiträume zu arbeiten — und zu verschwinden, wann immer sie die Notwendigkeit oder das Bedürfnis verspürten, dies zu tun, um heimzukehren.
Hier sind ein paar Ausschnitte von Seite 317-323 aus Sowells Migrations and Cultures:
Die Inder, die die ersten Eisenbahnstrecken bauten, zogen indische Ladeninhaber an, die an sie verkauften. Diese indischen Ladenbesitzer blieben, nachdem die Eisenbahnlinien fertig gebaut waren; sie verkauften nicht nur an ihre Landsleute, sondern auch an die Briten und – in erster Linie – an die deutlich größere indigene afrikanische Bevölkerung.
Inder betrieben den Großteil des Einzelhandels mit den afrikanischen Einheimischen.
Die meisten Inder in Uganda blieben kleine Einzelhändler, unbedeutende Pfandleiher und ähnliches, aber Inder waren auch überproportional in den wenigen Großunternehmen des Landes vertreten.
Zwei große indische Mischkonzerne, die Madhvani-Gruppe und Metha & Sons, waren auf der Zuckerproduktion aufgebaut, aber die erstere breitete sich von da auch weiter aus […] Es gab keine Firmen in Afrika mit vergleichbarem Betätigungsfeld oder Größenordnung.
Die enorme ökonomische Rolle der Inder im Wandel der Volkswirtschaften Ostafrikas ist umso bemerkenswerter wegen ihrer relativ geringen Anzahl im Verhältnis zur gesamten Bevölkerung dieser Länder. Am Höhepunkt ihrer Populationsgröße in Uganda in den späten 1960ern kamen Inder, Pakistaner oder Goaner zusammen auf weniger als 100.000 Menschen in einer Nation von mehr als 8 Millionen. Sie machten bloß ein Prozent der Bevölkerung aus.
Um 1952 gab es mehr als doppelt so viele afrikanische wie indische Händler in Uganda, aber nicht-afrikanische Händler (mehrheitlich Inder) machten geschätzt dreimal so viel Umsatz wie die Afrikaner. Dies war trotz staatlichen Regulierungen, die Nicht-Afrikaner behinderten, an bestimmten Orten Geschäfte zu eröffnen.
Staatliche Arbeitsstellen waren besonderes geschätzt. Sie zahlten substanziell mehr als den durchschnittlichen Lohn in der Privatindustrie. In beiden Sektoren verdienten Asiaten jedoch ein mehrfaches Einkommen von dem von Afrikanern, selbst nach der Unabhängigkeit Ugandas, obgleich sie deutlich weniger als Europäer verdienten.
Aufnahme, Wahrnehmung und Reaktion
Die Beiträge der Inder zur ugandischen Volkswirtschaft stießen auf gemischte Reaktionen von Seiten der Machthaber: Sowohl von den britischen Kolonialherren als auch von den einheimischen Ugandern. Unter Einsatz einer Form des Argumentes über sinkende Löhne für Einheimische schlossen sich manche der britischen Kolonialherren mit einheimischen Afrikanern zusammen, um sich der Marktdominanz der Inder in Handel und Produktion entgegenzustellen. Wieder zitieren wir aus den Seiten 317-323 aus Migrations and Cultures:
Wie mit den Chinesen, den Juden und anderen Minderheiten von Zwischenhändlern in der Welt standen der ökonomische Beitrag und Erfolg der Inder in Afrika in schroffem Gegensatz zur sozialen und politischen Opposition, auf die sie stießen. Europäische Siedler – welche im Allgemeinen nach den Indern in Uganda ankamen – waren ihre ersten und lautesten Kritiker. Während des Ersten Weltkrieges war es den Europäern möglich, staatliche Kontrollen und Restriktionen der Baumwollindustrie einführen zu lassen, mit einem Netto-Effekt, der den Europäern zu Gute kam, die Schwierigkeiten hatten, mit den Indern zu konkurrieren.
Mit dem Machtzuwachs der Afrikaner schwenkte die Bürde der Feindseligkeit gegen Inder von den Europäern zu den einheimischen Ugandern:
Im Verlauf der Jahre traten kleine afrikanische Geschäftsleute und einige gebildete Afrikaner in Uganda hervor, von denen beide nach Positionen in der Volkswirtschaft und in der Beamtenschaft strebten, die von Indern besetzt waren. Diese afrikanischen Gruppen neigten zu einer anti-indischen Perspektive – und versuchten, andere Afrikaner gegen die Inder aufzubringen.
Nach Mitte der 1950er verbreitete sich offene Feindseligkeit gegenüber indischen Händlern unter den Afrikanern, manchmal ausgedrückt durch Zerstörung und Plünderung.
Ähnlich wie bei der Debatte in den USA über die Staatsangehörigkeit nach Geburtsrecht, die Unterscheidung von legal versus illegal und der Doktrin des Citizenismus, versuchte Uganda nach seiner 1962 erreichten Unabhängigkeit, es selbst Indern, die in Uganda geboren und ihr ganzes Leben in Uganda gelebt hatten, schwer zu machen, eine ugandische Staatsbürgerschaft zu erlangen:
Ugandas Verfassung von 1967 beinhaltete eine „Bestandsschutzklausel [Grandfathering]“, unter der sogar im Lande Geborene nur Staatsbürger werden konnten, wenn ihre Eltern oder Großeltern Staatsbürger waren – eine klare Hürde um Inder daran zu hindern, die Staatsbürgerschaft zu erhalten. Zur selben Zeit wurden Beschränkungen gegen Nicht-Bürger im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft genutzt, um Uganda zu „afrikanisieren“ in Übereinstimmung mit der vorherrschenden Ideologie seit der Unabhängigkeit.
Der Höhepunkt: Vertreibung und die konsequent restriktionistische Utopie
Im Jahr 1969 kam der brutale Diktator Idi Adin an die Macht und führte die „Afrikanisierung“ zu neuen Höhen. Während er die Afrikaner grob misshandelte, strebte er den Ruf in der Öffentliche an als Verteidiger der Afrikaner gegen die Ausländer, sowohl Europäer als auch Inder. Das führte zur Vertreibung von Asiaten aus Uganda um 1972 (Wikipediaseite). Mit einem weiteren Zitat Sowells:
Amin richtete eine besondere Gehässigkeit gegen die Asiaten. Er beschuldigte sie, unter anderem, sowohl des „Wuchers“ als auch des „Unterbietens“ und warnte vor fatalen Konsequenzen, falls sie sich nicht kollektiv besserten. Im August 1972 ordnete er die Vertreibung von 50.000 Asiaten an, ohne Unterschied zwischen Bürgern und Nicht-Bürgern – und begrenzte streng, wie viel Geld (50 Britische Pfund) sie mitnehmen durften. Die asiatische Bevölkerung Ugandas, die 96.000 um 1968 bemaß, wurde auf nur noch 1.000 Ende 1972 geschätzt. Viele landeten mittellos in England oder den Ländern, die sie sonst aufnehmen würden.
Sowell fährt fort:
Die ökonomische Rolle der Inder in Uganda kann womöglich am besten gewürdigt werden, wenn man betrachtet, was passierte, nachdem sie das Land verließen. Die Volkswirtschaft kollabierte. Die asiatischen Geschäfte wurden einfach Amins Günstlingen übertragen, die alles verkauften und sie dichtmachten.
Letzten Endes:
Ökonomische Verzweiflung , Druck von der Weltbank und anderen westlichen Geldgebern führten die ugandische Regierung dazu, die Rückkehr asiatischer Geschäftsleute zu ersuchen. Die Mühen, diese verbannten Geschäftsleute wiederzugewinnen, fokussierten sich auf die Wiederherstellung des konfiszierten Eigentums, das ihnen gehörte. Doch relativ wenige der Inder und Pakistaner kehrten zurück, um ihre Geschäfte zu beanspruchen.
[Übersetzung des englischen Originals Indians in Uganda: economic impact and reception durch Alexander Mengden, ursprünglich erschienen auf openborders.info.]