Sinkende Löhne für Einheimische

Ein häufig genannter Kritikpunkt an offenen Grenzen (und der Liberalisierung von Einwanderung im Allgemeinen) ist, dass Einwanderer im Wettbewerb mit Einheimischen um eine begrenzte Anzahl an Arbeitsstellen die folgenden wichtigen Effekte bewirken:

  • Die Löhne, die Einheimische für diese Arbeiten verlangen können, sinken.
  • Manche Einheimische können nicht im Wettbewerb mithalten und werden arbeitslos.
  • Beide der oben genannten Effekte senken die Lebensqualität der Einheimischen und manche von ihnen mögen vielleicht in ein Leben in Abhängigkeit vom Sozialstaat oder in die Kriminalität gedrängt werden. (Siehe auch *)

Für mehr über die US-spezifische Lage, siehe US-spezifisches Sinken von Löhnen für Einheimische.

Irreführendes einwanderungsfreundliches Argument

Ein etwas irreführendes einwanderungsfreundliches Argument, das in dieser Debatte oft hervorgebracht wird, wird hier diskutiert: Einwanderer übernehmen Arbeiten, die Einheimische nicht machen.

Theoretische Streitpunkte

Das oben umrissene Argument ist auf den ersten Blick theoretisch gültig, weil es mit den Gesetzen von Angebot und Nachfrage übereinstimmt, welche eine wesentliche Grundlage der Ökonomie bilden. Allerdings gibt es eine Anzahl von Gegen- und Wechselwirkungen und der Netto-Effekt ist theoretisch uneindeutig. Einige dieser Punkte sind unten aufgeführt.

Die hauptsächlichen Streitpunkte zwischen Ökonomen sind:

  • In welchem Ausmaß wiegt die ansteigende Nachfrage für Güter und Dienstleistungen (und demnach für die Arbeit um diese hervorzubringen), die durch mehr Einwanderer entsteht, das größere Angebot an Arbeit auf? An Economic Case for Immigration von Benjamin Powell, ein Artikel für die EconLib-Webseite, macht diesen Punkt:

Diktieren nicht die Gesetze von Angebot und Nachfrage, dass die Löhne fallen würden? Nicht, wenn sich zur selben Zeit andere Dinge ändern. Die Einwanderer, die das Angebot an Arbeit erhöhen, fragen auch Güter und Dienstleistungen nach und schaffen damit eine steigende Nachfrage nach Arbeit.

  • In welchem Ausmaß steht die Arbeit von Einwanderern in direktem Wettbewerb mit der Arbeit von Einheimischen? Der Abwärtseffekt auf die Löhne von Einheimischen wäre maximal, wenn Einwanderer und Einheimische identische Kombinationen von Fähigkeiten besäßen. Im Artikel An Economic Case for Immigration argumentiert Benjamin Powell, dass im Kontext von Einwanderung in die Vereinigten Staaten die Arbeit von Einwanderern eher als Ergänzung denn als Ersatz für die Arbeit von Einheimischen verhält:

Zweitens verschieben Einwanderer nicht einfach das Arbeitsangebot. Arbeit ist heterogen. Wenn die Einwanderer über andere Fähigkeiten verfügen als die einheimische Bevölkerung, ergänzen sie die Arbeit der Einheimischen anstatt sie zu ersetzen. Viele der Einwanderer in den Vereinigten Staaten sind entweder extrem hoch oder extrem gering qualifiziert. Doch die Arbeit der meisten Amerikaner fällt irgendwo dazwischen. Die einheimische Bevölkerung macht rund ein Drittel von Erwachsenen ohne Highschool-Abschluss in den Vereinigten Staaten aus. Ein großer Anteil neuer Doktorgrade wird an im Ausland geborene Menschen verliehen. Zu dem Anteil, zu dem Einwanderer die Arbeit von US-Bürgern ergänzen, können sie die Löhne von Einheimischen erhöhen statt senken.

Hierbei sei zu vermerken, dass es auch Fälle gibt, in denen Einwanderer und Einheimische homogene Fähigkeiten besitzen, aber trotzdem die Nachfrage nach einheimischer Arbeit erhöhen, da bestimmte Industrien ein Betriebsoptimum haben und Einwanderung hilft, dieses zu erreichen. Das mag am relevantesten sein für das Bauwesen und die fabrizierende Industrie auf der relativ geringqualifizierten Seite sein, und ebenfalls für verschiedene Industrien mit hohen Qualifikationen, die zur Konzentration in Knotenpunkten tendieren. Für ähnliche Ideen, siehe hier und hier.

  • Was geschieht auf mittel- bis längfristigere Sicht wenn sich die Volkswirtschaft anpasst und andere Strukturen der Arbeitsteilung entdeckt werden? Dieser Punkt wird in dem Blogpost Supply AND Demand for Labor von Donald Boudreaux aufgenommen, der die Anpassungen der Volkswirtschaft auf ein größeres Arbeitsangebot durch neue Strukturen der Arbeitsteilung bedenkt:

Ein wichtige Eigenschaft der Wirklichkeit, die sich als Ergebnis eines erhöhten Angebots an Arbeit verändert sind der Grad und die Struktur der Arbeitsteilung. Mehr Arbeiter bedeuten bessere Möglichkeiten für jeden Arbeiter, sich stärker zu spezialisieren. Und je stärker – je ‘tiefer’ – die Arbeitsteilung ist, umso produktiver ist die Volkswirtschaft.

  • Was geschieht in mittlerer bis langer Frist, wenn sich Einwanderer mehr Fähigkeiten aneignen und sich an die einheimische Bevölkerung anpassen?

Für mehr über die US-spezifische Lage, siehe US-spezifisches Sinken von Löhnen für Einheimische.

Verständliche theoretische Diskussionen

Einige der unten aufgelisteten Abhandlungen kombinieren die theoretische Diskussion mit empirischer Analyse von spezifischen Arbeitsmärkten wie denen in den Vereinigten Staaten oder Europa, aber sie sind hier hauptsächlich für die darin enthaltenen theoretischen Details aufgelistet.

Technische gegenüber monetären Externalitäten: Weshalb sinkende Löhne für Einheimische keine ausreichende Rechtfertigung für die Beschränkung oder Besteuerung von Einwanderung aus Wohlfahrts- oder Effizienzüberlegungen bieten

In seiner Abhandlung Economics and Emigration: Trillion-Dollar Bills on the Sidewalk schreibt Michael Clemens:

Des weiteren, selbst wenn Emigranten mäßig die Löhne senken, wenn sie an ihrem Zielort ankommen, rechtfertigt dies keine Einschränkung dieser Bewegung nach herkömmlicher wohlfahrtsökonomischer Analyse. Solche Wirkungen stellen eher „monetäre“ Externalitäten dar als „technische“ Externalitäten. Die im letzten Abschnitt diskutierten Humankapital-Externalitäten [dies bezieht sich auf Brain Drain] zusammen mit geläufigen Beispielen wie rauchenden Schornsteinen sind Beispiele von technischen Externalitäten. Monetäre Externalitäten operieren demgegenüber durch den Preismechanismus: Beispielsweise mag meine Entscheidung, kein Gebot für das Haus abzugeben, das jemand anderes verkaufen will, den Preis mindern, den derjenige von einem anderen Käufer erhalten könnte. Monetäre Externalitäten sind eine nahezu universelle Eigenschaft von ökonomischen Entscheidungen. In herkömmlicher ökonomischer Analyse bieten sie keine wohlfahrtstheoretische Rechtfertigung oder Regulierung dieser Entscheidungen. [7]

Zum Beispiel hat die Forschung zur inländischen Arbeitsmigration gefunden – zur Überraschung weniger – dass Arbeitsmigration von einer Stadt zu einer anderen dazu neigt, am Zielort geringfügige Lohnsenkungen zu bewirken. (Boustan, Fishback, und Cantor, 2010), und dass der Eintritt von Frauen in den Arbeitsmarkt geringfügig die Löhne von Männern senken kann (Acemoglu, Autor, und Lyle, 2004). Jedoch würde kein Ökonom argumentieren, dass diese Fakten allein ein Zeichen für negative Externalitäten darstellten und mit einer Pigou’schen Steuer auf diejenigen, die zwischen Städten umziehen oder auf Frauen, die in den Arbeitsmarkt eintreten, bereinigt werden sollten, weil diese Externalitäten fast ausschließlich monetärer Form zu sein scheinen. In ähnlicher Weise würden Ökonomen praktisch einstimmig dagegen sein, eine Steuer gegen neue einheimische Wettbewerber zu erheben weil diese Kosten für existierende Firmen darstellen, da solche Externalitäten monetärer Art sind. Natürlich muss dieses Argument nicht implizieren, dass politische Maßnahmen um US-Bürgern mit geringem Einkommen auf irgendeine Art zu helfen, nicht sozial erstrebenswert seien, sondern bloß, dass solche Maßnahmen auf einem Anliegen an Gerechtigkeit oder dem Aufbau von Humankapital aufbauen sollten anstatt auf derartigen Rechtfertigungen über Effizienzstandards.

Offene Grenzen Blogbeiträge

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